Wenn die Fundaziun Uccelin ruft, dann kommen sie: die Michelin-Starchefs aus allen Ecken der Welt. Zum diesjährigen Benefizlunch und -diner im Schloss Schauenstein in Fürstenau GR sind die Dreisternechefs Björn Frantzén (47) aus Stockholm (S) und Dominique Crenn (59) aus San Francisco (USA) angereist. Gemeinsam mit dem heimischen Dreisterne-Spitzenkoch Andreas Caminada (47) und Küchenchef Marcel Skibba (28) kochen sie zugunsten der Fundaziun Uccelin ein Achthändemenü. Skibba freut sich: «Wir sind megastolz auf unser Line-up, das sind Idole, wir sind sehr demütig.»
Und Caminada fügt an: «Es ist bereits die siebte Ausgabe des winterlichen Charityevents auf dem Schloss. Wir möchten damit etwas von unserem Erfolg, zugunsten junger Talente, zurückgeben.» Die 2015 von Sarah und Andreas Caminada gegründete Fundaziun Uccelin ermöglicht es dem Gastronachwuchs, Erfahrungen in verschiedenen Kulturen zu sammeln und ihren Horizont zu erweitern.
Crenn, einzige Dreisterneköchin in den USA, ist seit diesem Jahr mit ihrem Atelier Crenn in San Francisco als Uccelin-Partnerin dabei, sie hatte bereits eine Stipendiatin. «Ich will zwei, drei oder mehr pro Jahr!», sagt sie begeistert. «Mentoring ist so wichtig.» Etwas, das die gebürtige Französin bereits als Mädchen von ihrem Vater, einem hochrangigen Politiker, gelernt hat: «Erfolgreich ist, wer eine Plattform hat und diese nutzt, um anderen, die nicht dieselben Möglichkeiten haben, etwas zurückgeben. Das ist die Art, wie ich mein Leben lebe.»
Die Komfortzone verlassen
Oft erkennt sich Crenn in den wissbegierigen Talenten wieder. Sie hat heute mehrere Betriebe, auch eine Farm, von der sie viele ihrer Produkte bezieht. «Um besser zu werden, muss man über den Tellerrand hinausschauen, in andere Kulturen und Arbeitsweisen eintauchen, viel reisen und seine Komfortzone verlassen, nur so wächst man.»
Das war genau Noris Conrads (24) Motivation sich für das Uccelin-Stipendiat zu bewerben. «Nach einigen Jahren in der Branche besteht die Gefahr eingefahren zu werden», sagt der junge deutsche Sommelier. «Das Uccelin bietet in kurzer Zeit ein unglaublich kompaktes und konzentriertes Lernen, Arbeiten und Reisen an.» Er ist seit vier Wochen im Programm, aktuell im Hotel Widder in Zürich, danach gehts ins Sühring nach Bangkok und in Thomas Kellers Per se in New York sowie zu den zwei Winzern Martin Donatsch und Markus Ruch und einem Olivenölproduzenten in Kalabrien (I). Wieder in die Position des Betrachters und Lernenden zu wechseln, sei nicht einfach gewesen. «Aber nun kann ich alles aufnehmen, anschauen und davon lernen, es ist so inspirierend!»
75 Stiftungsprogramme wurden bis anhin durchgeführt. «Nächstes Jahr, zum Zehnjahrjubiläum möchten wir die 100 vollmachen», sagt Caminada, bevor er in der Küche entschwindet.
Das Benefizmenü vereint die diversen Stile der Topchefs elegant. Caminadas und Skibbas Kalbsmilke mit Rande und Stachelbeere schmiegt sich wohlwollend an den Gaumen. Während Frantzéns Gerichte, wie die geröstete Mandelsuppe mit Zwiebel und Lakritz oder der Otoro mit fermentierten Erdbeeren und Bergamotte, geschmacklich so richtig knallen, kommen Crenns Gerichte eher poetisch daher, wie die urchigen, jedoch filigran dekorierten Kastanien mit geräucherten Hechtrogen. «Es geht nicht nur um das Produkt, sondern um die Geschichte, die damit erzählt wird und um den Moment, in dem Menschen zum Essen zusammenkommen», so Crenn.
Autodidaktin und Quereinsteiger?
Auch nicht alle Topchefs gehen den geraden Weg. Frantzén zielte eigentlich auf Fussballprofi, Crenn hat erst Wirtschaftswissenschaften studiert und ist kulinarische Autodidaktin. So wie Conrad, der ursprünglich Jura studieren wollte. Bis er als Übergangslösung eines Winters im Tirol (A) als Kellner zu arbeiten beginnt. Er lacht. «Das wars, die Gastronomie hatte mich.»
Er startete als Praktikant im Dreisternerestaurant Aqua in Wolfsburg (D), war als Butler und Assistant Sommelier auf einem Kreuzfahrtschiff, als Junior Sommelier im Obauer bei Salzburg (A) und zuletzt Head Sommelier im Zweisternerestaurant The Jane in Antwerpen (B). Conrad will vorwärtskommen, die Philosophie der Gastronomie ausleben und teilen. Vielleicht irgendwann in seinem eigenen Betrieb in Österreich. «Ich hatte immer das Glück, von Mentoren lernen zu können», sagt er. «Ich habe es nur geschafft, weil sie mit mir ihre Philosophie geteilt und mir gezeigt haben, wie man besser wird.»