Dieser Tage sind die Stadtzürcher Restaurants zum Bersten voll. Es wird gut gelaunt an Champagnergläsern genippt und auf die kommenden Festtage angestossen. Doch von einer Parallelwelt nimmt kaum jemand Notiz. Es ist eine Welt der traurigen Realität – der Obdachlosen, Flüchtlinge oder Prostituierten, die täglich ums Überleben und ein wenig Zuneigung kämpfen und in der gleichen Stadt leben.
Roger Schenk, Verkaufsleiter beim GastroJournal, erklärt: «Wir haben für unsere Kunden Weihnachtskarten verschickt. Doch das war uns nicht genug. Wir wollten mit einem praktischen Einsatz Notleidenden helfen, die es nicht so gut haben wie wir. Das ist gelebte christliche Nächstenliebe.»
Den wahren Helden helfen
Auf den Weihnachtskarten des Fachmagazins steht ein QR-Code, der auf Incontro verlinkt. Der von der katholischen Schwester Ariane Stocklin 2001 gegründete Verein mit über 1000 Freiwilligen hilft Menschen im Zürcher Langstrassenquartier. «Schwester Ariane und Pfarrer Karl Wolf sind die wahren Helden», sagt Schenk. «Sie leisten ein immenses zeitliches Engagement für die Bedürftigen in der Stadt Zürich.» Die Freiwilligen des Vereins sind dreimal pro Woche bis zu einmal pro Jahr im Einsatz.
Die Not manifestiert sich allerdings täglich. Jeweils 365 Tage im Jahr, ab 18 Uhr bis gegen 20.30 Uhr, sorgt Incontro dafür, dass hinter dem Hotel 25hours eine warme Mahlzeit, haltbare Lebensmittel wie Brot oder Getränke oder Hygieneartikel ausgegeben werden. Dazu braucht es Freiwillige wie Schenk und sein GastroJournal-Verkaufsteam mit Aleksandar Vukovic, Deborah van Lith, Selma Sivac und Elma Ibric, die auf dem Gelände der SBB verschiedene Stationen vorbereiten und bei der Verteilung der Essen helfen. Im Einsatz an diesem Abend ist auch Luis Varandas, Generalvikar des Kantons Zürich.
Bis zu 450 Menschen stehen für Essen an
«Hier stehen jeweils zwischen 250 und an grossen Festen bis zu 450 Menschen an», erläutert Schwester Ariane. Sie ist zusammen mit Pfarrer Karl Wolf der Kopf hinter dem Verein Incontro, der die Menschen am Rand unserer Gesellschaft unterstützt. «Das Kriegsgeschehen in Sri Lanka, Syrien oder in der Ukraine bildet sich in den Leuten ab, die hier anstehen. Das sind viele Geflüchtete, aber auch Menschen in Altersarmut oder aus dem Milieu. Wir versuchen, den Leuten in Not eine Stimme zu geben», sagt Wolf.
Schwester Ariane, die sich anfangs für Kinder und Jugendliche in schwierigen Familienverhältnissen einsetzte und später Theologie in Luzern studierte, ergänzt: «Das 25hours ist für uns wie eine tragende Säule und hat schon vor dem Lockdown mit uns zusammengearbeitet.» Weitere Gastrobetriebe helfen dem Verein respektive den Bedürftigen, etwa das thailändische Restaurant Kinkhao an der Zwinglistrasse oder Artichoque-Catering, die für Incontro Menüs zum Selbstkostenpreis zubereiten.
Hilfe vom Schweizer Militär
Das Schweizer Militär wiederum hat Incontro mit Militärpullovern, -Decken, Thermowäsche, Socken, Handschuhen, Schlafsäcken und Matten unterstützt. «Wir haben über 100 Schlafsäcke in 1,5 Monaten verteilt. Die Thermowäsche und Pullover gingen alle schon am ersten Abend weg. Teilweise schlafen die Menschen in Zürich in Kellern oder ungeheizten Unterständen, wie man sich das nicht vorstellen kann», bedauert Schwester Ariane.
Die Hilfe von Incontro ist sehr breit: Am Freitagnachmittag steht im vom Verein betriebenen Café Primero im Langstrassenquartier eine Schreibstube zur Verfügung. Fachpersonen helfen bei Bewerbungen für Arbeitsstellen oder Wohnungen. Am Samstag und Sonntag ist das Primero als Café und Begegnungsort geöffnet, am Montag wird eine ärztliche Beratung angeboten. Incontro hilft zusätzlich mit Sprachkursen und einem Nähatelier aus. Und der Verein hat zwei Wohnungen in der Stadt für Obdachlose sowie Frauen und Männer aus dem Milieu, die ein Sprungbrett in ein neues Leben sind – mit geregelter Arbeit und Begleitung.
Wie verbringen Schwester Ariane und Pfarrer Karl Wolf Weihnachten? Sie feiern auf der Gasse, antworten sie auf die Frage. «Wir nehmen einen Wagen mit einer fahrbaren Krippe. Das Christkind ist im Wägeli», erklärt die katholische Schwester. An Heiligabend verteilt Incontro kleine Päckli mit selbstgestrickten Socken, am Weihnachtstag dann grössere Päckli, die verschiedene Service-Clubs und Privatpersonen selbst gepackt und gespendet haben. Die eigentliche Weihnachtsfeier findet im Café Primero statt, mit einer Mitternachtsmesse um 22.30 Uhr.
Dem Verkaufsteam des GastroJournals hat der Einsatz sehr gefallen. Das Team war beeindruckt vom Engagement von Schwester Arianne und Pfarrer Karl Wolf. «Die Begegnung mit den Bedürftigen ging unter die Haut. Die Dankbarkeit, die wir erlebt haben, war aber auch eine Bereicherung», bilanziert Verkaufsleiter Roger Schenk.
Mehr zu Incontro in diesem Fernsehbeitrag des Schweizer Fernsehens, (Start nach 17.33 Minuten, Bischof Bonnemain im Lokal Primero)
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