Der Schlüssel zum Erfolg heisst Integration

Nicole Steffen – 10. April 2024
In der Remise von der Kartause Ittingen fand kürzlich die erste Tagung zum Weintourismus mit rund 40 Branchenleuten statt. Unter den Teilnehmenden waren Vertreter aus Weinbau, Tourismus, Gastronomie und Hotellerie.

Dario Marxer (46), Koch und Gastgeber im Grotto Fläscher Bad möchte mit seinem Angebot Winzerobig dazu beitragen, die Attraktivität und Schönheit des Weinlandes Schweiz zu präsentieren.

«Das können wir am besten mit einem schönen Angebot an einem schönen Ort», erklärt Marxer. Das Grotto Fläscher Bad bietet seinen Gästen ein vegetarisches 5-Gang-Menü an, das jeden Monat wechselt und auf Wunsch auch mit Fleisch oder Fisch bestellt werden kann.  Das Grotto liegt mitten im Rebberg der Familie Hermann (Weingut Roman Hermann) in Fläsch GR.

«An unseren Winzerabenden setzen wir auf Dialog statt Monolog. Der Winzer wechselt bei jedem Gang den Tisch und steht mit den Gästen im regen Austausch», so der Gastgeber. An der Weintourismustagung habe er teilgenommen, weil er mehr über das Thema Weintourismus erfahren möchte und auf der Suche nach neuen Wegen ist. «Ich möchte mehr darüber erfahren, wie und wo man ein solches Angebot platzieren kann», sagt er.

Überraschungsreisen per App

Neue Wege geht auch das Unternehmen Travelise, das ursprünglich als Innovationsprojekt der Haute école spécialisée de Suisse occidentale (HES-SO) im Jahr 2016 gestartet ist. Acht Jahre später hat das Unternehmen mit seinen Überraschungsreisen bereits über 13 000 Schweizer Reisende bewegt. Die Idee dahinter ist einfach: Travelise ist eine Mischung aus Travel und Surprise.

Das Reiseziel bleibt bis zum Tag der Abreise geheim. Die Reisenden wählen lediglich die Daten und Kriterien für ihre Reise aus. Die ganzen organisatorischen Aspekte werden von Travelise übernommen.

Bei der Buchung einer Reise erhalten die Teilnehmenden einen Zugangscode. Mit diesem können sie über die Travelise-App auf ihre Reise zugreifen. Zu Beginn sind die einzelnen Etappen noch nicht einsehbar.

Einige Tage vor dem Start der Reise wird die erste Etappe freigeschaltet. Sie informiert die Reisenden über die Wetterbedingungen, die Packliste sowie den Ort und die Zeit der Abreise. Die weiteren Etappen der Reise werden im Verlauf des Tages mittels eines Countdowns nach und nach enthüllt.

«Der Fokus liegt dabei auf den Rohkristallen ausserhalb der grossen Tourismus-Hotspots, sozusagen auf den Hidden Champions», erklärt Anic Grand (25), Project Manager bei Travelise.

Die Walliserin ist erst seit gut drei Monaten beim Unternehmen dabei und präsentiert das Angebot auf der Bühne vor dem Fachpublikum mit einer Lockerheit und Kompetenz, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. «Wir achten stark darauf, dass wir eher das kleine Restaurant von nebenan mit der lokalen Küche integrieren, anstelle vom grossen Betrieb um die Ecke, der sowieso schon genügend Gäste hat. So können wir die Tourismusströme gut lenken.»

Anina Sonderegger (31), Project Manager Product Development bei Schweiz Tourismus sitzt im Publikum. «Das Thema Gästelenkung ist omnipräsent. Ich finde es sehr spannend, dass ihr hier einen Hebel entwickelt habt, mit dem ihr die Tourismusströme lenken könnt.»

Plattformen für den Weintourismus

Sonderegger hat kurz zuvor das neue Produkt Grape Escape und die dazugehörige Kampagne von Schweiz Tourismus in Zusammenarbeit mit Swiss Wine Promotion vorgestellt. Die Kampagne startet im Frühsommer 2024 und läuft bis in den Herbst 2024. Präsentiert werden Unterkünfte in oder umgeben von Reben in allen sechs Weinregionen, vom Rebhäuschen oder Weinfass bis hin zum 4-Sterne-Hotel.

Yann Stucki (45) und Jaap Kluvers (60) haben die Buchungsplattform Swiss Wine Tour vorgestellt. Sie präsentiert zahlreiche weintouristische Aktivitäten in der Schweiz. Die Plattform wird unter anderem in der neuen Kampagne von Swiss Wine Promotion beworben.

Océane Gex (32), Vizedirektorin von Swiss Wine Promotion betont in ihrem Vortrag mehrmals die hohe Relevanz der HORECA-Branche (Hotel, Restaurant, Café) für den Schweizer Wein. «Der Weinkonsum ist sinkend und die Werbung mit Wein wird immer schwieriger» erklärt sie. Umso wichtiger sei das Erlebnis. «Eine Erfahrung, die in Erinnerung bleibt- und erzählt werden möchte. Genau das möchten wir mit Weintourismus bewirken», führt sie weiter aus.

Gastronomie und Hotellerie als Botschafter

«Die Gastronomie und Hotellerie sind wichtige Botschafter des Schweizer Weins», betont Gian Carlo Casparis (46), Mitorganisator und Gründer von Wine Tours Switzerland.

Ziel der Initiative sei es, den einzigartigen und qualitativ-hochstehenden Schweizer Weintourismus zu präsentieren und neue Wege in der Innovation, in der Produktentwicklung und in der Vermarktung aufzuzeigen. «Wir möchten einen attraktiven Ausblick bieten, die Akteure innerhalb der Branche zusammenbringen und das Netzwerk weiter stärken», führt Casparis weiter aus.

Er unterstreicht weiter die Relevanz der Unterstützung durch Schweiz Tourismus und Swiss Wine Promotion in der Entwicklung von neuen Produkten und in der anschliessenden Kommunikation sowie die Notwendigkeit einer motivierten Basis.

«Dazu zählen alle Betriebe, die sich zum Weintourismus bekennen: von Weingütern, über die Gastronomie und Hotellerie, von Kulturstätten bis hin zu Transportunternehmen, welche hinter innovativen Produkten stehen», so Casparis. Ebenso zentral sei die Rolle der Tourismusregionen, die sowohl in der Produktentwicklung als auch in der Vermarktung auf nationaler und regionaler Ebene unterstützen müssen, um den Schweizer Weintourismus national und international zu positionieren.

Weintourismus: Mehr Farbe bekennen!

Sein Votum an die Branche: Die Gastronomie und Hotellerie könnte eine noch aktivere Rolle im Weintourismus spielen und so von dieser attraktiven Schnittstelle in Zukunft noch besser profitieren.

Auch Jürg Bachofner (64), Geschäftsführer vom Branchenverband Deutschschweizer Wein BDW sieht ein grosses Potential bei der Zusammenarbeit von allen Partnern.

Wichtig dabei sei jedoch: «Schuster bleib bei deinen Leisten». Die Winzerin sucht den Kontakt zum Wirt im Dorf und schafft so gemeinsam ein Erlebnis, wie zum Beispiel die Winzertavolata im Rebberg, die in diesem Jahr erstmals auch in der Deutschschweiz durchgeführt werden soll.