«Die Mitarbeitenden haben einen grossen Anteil an dieser Auszeichnung»

Iris Wettstein – 16. November 2023
Die Kronenhalle in Zürich ist eine Institution. Nun erhielt das Lokal die Auszeichnung «Historisches Restaurant des Jahres 2024» von Icomos. Direktor Dominique Godat erklärt, welche vier Elemente im bald 100-jährigen Betrieb zum Erfolg führen.

Die Tradition der Kronenhalle begann vor bald 100 Jahren, als Hulda und Gottlieb Zumsteg 1924 das Gebäude an der Rämistrasse erwarben. Sie verwandelten die existierende Brasserie nach und nach in ein Restaurant für gehobene Ansprüche. Nach dem Tod von Gottlieb Zumsteg 1957, trat Sohn Gustav Zumsteg in den Betrieb ein. Seine Kunstsammlung ist seit den 1940-Jahren ein fester Bestandteil des Interieurs der Kronenhalle. In kaum einem anderen Lokal können die Gäste unter einem echten Chagall oder Miró speisen. Neben der Kunst sind und waren auch die hohe Qualität der Speisen, der Service und die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden sowie die Gäste die wichtigsten vier Elemente der Kronenhalle. Seit 2005 führt die Hulda und Gustav Zumsteg Stiftung deren Vermächtnis fort. Nun gipfelten die Bemühungen in der Auszeichnung «Historisches Restaurant des Jahres 2024» von Icomos Suisse.

Auszeichnung für die Mitarbeitenden

Icomos steht für «International Council on Monuments and Sites» und ist der internationale Rat für Denkmäler und historische Stätten mit Sitz in Paris. Icomos Suisse setzt sich für die Bewahrung des Kulturerbes in der Schweiz ein. Ein wichtiger Bestandteil davon ist die jährliche Auszeichnung «Historisches Restaurant/Hotel des Jahres». Mit der Kronenhalle erhält eine der ältesten Gaststätten des Landes diese Auszeichnung. Dominique Godat, Direktor der Kronenhalle, widmet die Auszeichnung seinen 95 Mitarbeitenden: «Viele Mitarbeitende sind schon mehrere Jahrzehnte bei uns. Sie tragen dazu bei, dass die Tradition erhalten bleibt und die Erwartungen der Gäste immer wieder erfüllt und übertroffen werden.» Ob an der Front oder im Backoffice, nur dank den langjährigen und treuen Mitarbeitenden könne die hohe Qualität kontinuierlich gewährleistet werden, sagt der 65-Jährige. «Es ist so eine tolle Wertschätzung. Viele der Mitarbeitenden haben hier eine zweite Familie gefunden und identifizieren sich stark mit der Kronenhalle», schwärmt Godat. Er selbst ist seit Mai 2020 Direktor. Als ihm die Stelle in Zürich angeboten wurde, musste er nicht zweimal überlegen. «Diese neue Aufgabe und Herausforderung einmal ein Restaurant, dazu noch ein solches Traditionslokal, zu führen, hat mich gereizt», sagt der gelernte Hotelier.

Die Fortführung der Tradition ist für Godat sehr wichtig. Die drei Speisesäle des Restaurants «Brasserie», «Chagall-Saal» und «Schweizergalerie», die legendäre Kronenhalle-Bar sowie die Fassade stehen seit 1984 unter Denkmalschutz.

ICOMOS Auszeichnung 2024 Kronenhalle Aussen c Regula Steinmann Heimatschutz

Die Kronenhalle in Zürich. (Bild: Regula Steinmann)

Diverse Kundschaft

Das Traditionslokal hat bis heute nichts an Attraktivität eingebüsst. Die Kronenhalle-Bar gilt unter Kennern als eine der besten der Welt. Auch sie wurde ganz im Stil des «historischen Restaurants» seit ihrer Vollendung 1965 nicht verändert. Am Nachmittag ist die Bar ein Ort, um die Ruhe zu geniessen. Am Abend wird sie durch die verschiedensten Gäste lebendig. Sowieso ist die Kundschaft der Kronenhalle facettenreich – Menschen aus allen Lebenslagen und aus diversen Gesellschaftsschichten zählen zu den Gästen. Früher gingen auch Promis aus der Mode-, Musik- und Kunstbranche ein und aus, allesamt Freunde von Gustav Zumsteg. Auch heute würden Promis in der Kronenhalle speisen, wer diese aber sind, will Godat nicht verraten.

Dass die Auszeichnung genau mit dem Jubiläumsjahr zusammenfällt, freut Godat. Ein Jubiläumsprogramm sei in Planung. Die geplanten Soirées sollen nicht nur die Stammkunden, sondern auch neue Gäste anlocken. «Das immer wieder neue Gäste das Lokal zu ihrem Stammlokal machen, liegt sicherlich an der speziellen Atmosphäre und an der Karte», ist Godat überzeugt. Auf der Traditionskarte finden sich viele bekannte (Schweizer) Gerichte wie Zürcher Geschnetzeltes, Stroganoff oder Châteaubriand. Zusätzlich gibt es eine saisonale Karte, teilweise mit vegetarischen Gerichten.. «Wir müssen alle Bedürfnisse der Gäste abdecken und auf diesen beiden Karten finden alle etwas», sagt Godat. Der Klassiker auf der Karte sei aber nach wie vor das «Kalbsfilet geschnetzelt Kronenhalle». «Das ist eigentlich ein Züri Geschnetzeltes, aber wir machen es aus Kalbsfilet und bereiten es auf eine etwas speziellere Art zu», erzählt Godat sichtlich stolz. Auf die Frage, was sein persönlicher Favorit der Karte sei, kommt er ins Schwärmen. Es gäbe so viele gute Gerichte und alle auf höchster Qualitätsstufe, da könne er sich nicht nur für ein Gericht entscheiden

Kontinuität ist wichtig

Die Kronenhalle ist eines von wenigen Restaurants, das eine Haus- und Gästeordnung hat. Auffälligster Punkt: der Dresscode. Der Grund dafür ist simpel. Es gebe vier Elemente, die die Atmosphäre in der Kronenhalle ausmachen, «das ist die Kunst, die Qualität der Küche, der Stil unserer Mitarbeitenden und der Gast selbst. Wenn der Gast im Sommer plötzlich mit kurzen Hosen, T-Shirts und Flip-Flops essen will, dann passt das nicht mehr zu unserem Stil, und die Gefahr besteht, dass die Atmosphäre darunter leidet», erklärt Godat. Negative Rückmeldungen gebe es kaum.

Obwohl die Kronenhalle zur Hulda und Gustav Zumsteg Stiftung gehört, muss sie wirtschaftlich arbeiten und erhält keine finanzielle Unterstützung von der Stiftung. «Eine der grössten Herausforderungen vor der die Kronenhalle momentan steht, ist die Kontinuität im Personal», sagt Godat. «Es ist teilweise schwierig, Mitarbeitende zu rekrutieren, die das nötige Know-how für den gehobenen Service bereits mitbringen.» In der Kronenhalle wird auch etwas für den jungen Nachwuchs getan. Am Zukunftstag Anfang November durften einige Schülerinnen und Schüler in der renommierten Kronenhalle servieren und an der Bar aushelfen.

Chasa Chalavaina ist historisches Hotel

Neben dem Historischen Restaurant des Jahres wird jeweils auch ein Historische Hotel ausgezeichnet. Mit der 1294 erstmals als Herberge erwähnten Chasa Chalavaina würdigt die Auszeichnung «Historisches Hotel des Jahres 2024» von Icomos einen der ältesten Gasthöfe des Landes. Das Betriebskonzept überzeugt durch seine ausgeprägt regionale Verankerung, gelebte Gastfreundschaft und dem respektvollen Einbezug der Geschichte. Dem Hotel Chasa Chalavaina wurde deshalb auch das strenge Partnerlabel der Biosfera Val Müstair vergeben.

Um das Überleben des Hotels zu sichern, wurde die Stiftung Chasa Chalavaina gegründet. Sie hebt vor allem die hervorragende Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz hervor: «Ohne deren Unterstützung hätten wir die Chasa Chavalaina niemals so renovieren und erhalten können.»

Der Icomos-Spezialpreis 2024 geht an die Spanische Weinhalle in Burgdorf BE. Diese wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts von einer spanischen Weinhändlerfamilie gegründet. Das heutige originelle Betriebskonzept überzeugt durch die vorbildliche Verbindung von sozialem, ökologischem und kulturellem Engagement im Dienst einer historischen Einrichtung. Die Besitzer Johanna und Andreas Hugi haben 2016 das alte Gebäude gekauft und aufwändig renoviert. «Die Auszeichnung zeigt, dass unser Konzept mit Denkmalpflege, Gastronomie und Kultur erfolgreich ist», sagt Andreas Hugi.